Der Klosterbaumeister des Barock - Klösterreich
 

Der Klosterbaumeister des Barock

Veröffentlicht von waltergrafik am

Kul­tur

Der Klosterbaumeister des Barock

Zwölf Klös­ter und Dut­zen­de von Pfarr-Ensem­bles sowie zahl­rei­che Pro­fan­bau­ten hat Jakob Prand­tau­er geplant und umge­setzt. Dr. Huber­ta Weigl, die 24 Jah­re über den bekann­ten Bau­meis­ter geforscht hat, weiß viel Span­nen­des über die Stif­te Prand­tau­ers – eini­ge von ihnen gehö­ren heu­te zu Klösterreich.

Ihre Arbeit führt sie mehr als 300 Jah­re in die Ver­gan­gen­heit, ähnelt der einer Detek­ti­vin und bringt Erstaun­li­ches zuta­ge: „Wenn ich etwas Neu­es her­aus­fin­den will, muss ich mich zunächst ganz inten­siv mit den Quel­len beschäf­ti­gen“, erzählt Dr. Huber­ta Weigl. „Nach­dem ich alles gele­sen habe, was die Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler vor mir zu mei­nem The­ma ver­öf­fent­licht haben, heißt es nach­den­ken, über­le­gen, ob das alles stim­mig ist und wo es offe­ne Fra­gen gibt.“ Dann geht es für die Kunst­his­to­ri­ke­rin in die Archi­ve, in denen sie Ori­gi­nal­do­ku­men­te auf­stö­bert und aus­wer­tet. „Man­che Stif­te haben reich­hal­ti­ge Quel­len, oft taucht Mate­ri­al auf, dem zuvor noch nie­mand Beach­tung geschenkt hat. Die span­nen­de Fra­ge ist immer, was man alles fin­det. Stift Her­zo­gen­burg bei­spiels­wei­se hat die meis­ten Plä­ne von Jakob Prand­tau­er, ins­ge­samt 15 Stück, wäh­rend es im Stift Melk ledig­lich drei Ris­se gibt – dabei wur­den wäh­rend der Bau­zeit in Melk natür­lich Hun­der­te von Ris­sen gezeich­net. Auch das Stift Krems­müns­ter ver­fügt über einen gro­ßen Schatz an Archivalien.“

Prand­tau­er-Exper­tin: Huber­ta Weigl kennt die Wer­ke des Klos­ter­bau­meis­ters bes­tens und wur­de mit dem Wür­di­gungs­preis für Wis­sen­schaft des Lan­des Nie­der­ös­ter­reich ausgezeichnet.

Neben den Plä­nen sind Ver­trä­ge, Kos­ten­vor­anschlä­ge und sämtliche
Doku­men­te der Buch­hal­tung wie ein­zel­ne Rech­nun­gen oder Rech­nungs­bü­cher eine wesent­li­che Quel­le für die Wis­sen­schaft­le­rin. Sie hel­fen ihr, die oft kom­pli­zier­ten Bau­ge­schich­ten zu rekon­stru­ie­ren und zei­gen auch, dass die Welt vor 300 Jah­ren ähn­lich funk­tio­nier­te wie heut­zu­ta­ge. „Nie­mand lässt sich heu­te ein neu­es Bad ein­bau­en, ohne vor­ab die Kos­ten zu kal­ku­lie­ren. Das war frü­her nicht anders. Wenn man die Quel­len mit dem jewei­li­gen Bau und der Lite­ra­tur zusam­men­bringt, ergibt das oft ein neu­es Gesamt­bild. Manch­mal las­sen sich irr­tüm­li­che Annah­men der For­schung wider­le­gen. So habe ich bei­spiels­wei­se mit­hil­fe von Rech­nun­gen für Getrei­de, mit dem die Pfer­de Prand­tau­ers gefüt­tert wur­den, bele­gen kön­nen, dass der Bau­meis­ter häu­fig im Stift Her­zo­gen­burg war und nicht – wie die Lite­ra­tur lan­ge Zeit mein­te – die Klos­ter­bau­stel­le gekränkt mied, weil die Plä­ne eines Kol­le­gen bevor­zugt wurden.“

Nie­mand lässt sich heute
ein neu­es Bad einbauen,
ohne vor­ab die Kos­ten zu kalkulieren.
Das war frü­her nicht anders.

Genia­ler Bau­meis­ter: Jakob Prand­tau­er (1660 bis 1726) schuf eine Viel­zahl von Klös­tern und Pro­fan­bau­ten, die heu­te noch begeistern.

Stift Melk

Span­nend wie ein Kri­mi sind die Vor­gän­ge rund um das Stift Melk, einem der ers­ten gro­ßen Klos­ter­bau­ten Prand­tau­ers. Der Bau des baro­cken Klos­ters beschäf­tig­te ihn bis zu sei­nem Tod und ist sein Haupt­werk. Die Geschich­te begann im Jahr 1700, als der 30-jäh­ri­ge Bert­hold Diet­mayr zum Abt gewählt wur­de und zunächst beschloss, die mit­tel­al­ter­li­che Stifts­kir­che umge­stal­ten zu las­sen. Rasch ging der jun­ge Abt einen Schritt wei­ter: Die Kir­che soll­te nicht umge­baut, son­dern kom­plett neu errich­tet wer­den. Er ließ meh­re­re Bau­meis­ter, dar­un­ter Jakob Prand­tau­er, Ent­wür­fe erstel­len. Bei der Abstim­mung zwi­schen Neu- oder Umbau der Kir­che war die Mehr­heit der Brü­der noch auf der Sei­te des Abtes, ent­schied sich für die Neu­errich­tung und Prand­tau­er, damals noch am Beginn sei­ner Kar­rie­re, erhielt den Auf­trag. „Die goti­sche Kir­che wur­de abge­bro­chen, es gab Spren­gun­gen inmit­ten des Klos­ter­kom­ple­xes. Man muss sich den gan­zen Staub und Dreck vor­stel­len! Sechs Tage in der Woche wur­de unun­ter­bro­chen auf der Bau­stel­le gear­bei­tet, gehäm­mert, geschrien – und der Kon­vent leb­te in die­sem Cha­os aus Schutt und Schmutz“, ver­an­schau­licht Huber­ta ­Weigl. Die neue Kir­che war noch mit­ten im Ent­ste­hen, der Roh­bau längst nicht fer­tig, als Abt Bert­hold Diet­mayr wei­te­re Tei­le der Klos­ter­an­la­ge umge­stal­ten ließ – die­ses Mal ohne „Aus­schrei­bung“. „Prand­tau­er saß fest im Sat­tel, er war der Mann, dem der Abt ver­trau­te und mit dem er wei­ter­ar­bei­ten woll­te. Der Kom­plex ver­wan­del­te sich nach und nach in einen Klos­ter­pa­last, ähn­lich den Bau­ten des Adels in Wien. Stift Melk zählt aus kunst­his­to­ri­scher Sicht zu den bedeu­tends­ten Klos­ter­an­la­gen des Barock in Mit­tel­eu­ro­pa.“ Doch der Weg dahin war hart, vor allem für die Patres, die ihr Leben jah­re­lang auf einer rie­si­gen Bau­stel­le ver­brin­gen muss­ten, wäh­rend der Abt selbst oft in Wien weil­te, dort kom­for­ta­bel wohn­te und mit dem Adel und Mit­glie­dern des Kai­ser­hau­ses ver­kehr­te. „Wenn man sich über­legt, wie rasch uns heu­te eine kurz­zei­ti­ge Bau­stel­le nervt, kann man viel­leicht nach­voll­zie­hen, wie das damals für den Mel­ker Kon­vent jahr­zehn­te­lang war.“ Kein Wun­der, dass es zu Unru­hen im Klos­ter kam. Im Zuge einer Ver­schwö­rung plan­ten ­eini­ge Mön­che sogar kurz­zei­tig die Abset­zung des Abtes. Der dama­li­ge Auf­ruhr ist für die Wis­sen­schaft ein Vor­teil. „Dass die Kon­vent­mit­glie­der ihren Ärger schrift­lich fest­hiel­ten, ist für die Wis­sen­schaft ein Glück“, freut sich die For­sche­rin. Sie wer­te­te unter ande­rem eine Beschwer­de­schrift des Kon­vents und die Nach­richt ­eines Mit­bru­ders aus, der sich nicht an der Ver­schwö­rung betei­lig­te, son­dern den Abt über Inter­na infor­mier­te. „Neben dem stän­di­gen Bau­lärm und dem Schmutz beklag­ten die Mön­che die häu­fi­ge Absenz von Abt Bert­hold, sei­ne ver­schwen­de­ri­sche Lebens­wei­se und den Abbruch bereits fer­ti­ger Bau­tei­le wie etwa die Kup­pel der Kir­che, was die Kos­ten wei­ter in die Höhe trieb.“ Wer heu­te das an der Donau gele­ge­ne Klos­ter besucht, merkt von die­sen Strei­tig­kei­ten und dem wech­sel­vol­len Bau­ge­sche­hen nichts mehr, im Gegen­teil: Stift Melk ist als stim­mi­ges Gesamt­kunst­werk, bei dem Archi­tek­tur, Plas­tik und Male­rei ide­al zuein­an­der pas­sen, berühmt geworden.

Der Bau­meis­ter­hat sich alle Ein­zel­hei­ten im Vor­hin­ein genau­es­tens über­legt, bei­spiels­wei­se, wie vie­le Stell­plät­ze für Pfer­de es geben soll­te, wo die Zie­gen, wo die Enten unter­ge­bracht wer­den und wo die Toi­let­ten hin­kom­men sollten.

Plan Prand­tau­ers: mit dem Umbau der Mel­ker Stifts­kir­che begann die Kar­rie­re des Klosterbaumeisters.

Stift Kremsmünster

Dass sich der Klos­ter­bau­meis­ter nicht nur um reprä­sen­ta­ti­ve Gebäu­de küm­mer­te, wird im Stift Krems­müns­ter deut­lich, wo er für die bei­den Mei­er­hö­fe ver­ant­wort­lich war. „Die­sen zwei­ge­schos­si­gen Bau­ten schen­ken Besu­che­rin­nen und Besu­cher meist wenig Auf­merk­sam­keit, weil sie sehr schlicht sind. Für das Klos­ter waren und sind sie enorm wich­tig“, so Huber­ta Weigl. Als Jakob Prand­tau­er die Bau­lei­tung in Krems­müns­ter über­nahm, gab es auf dem Klos­ter­are­al eine Viel­zahl von Stäl­len, Schup­pen und Gebäu­den, in denen die Tie­re gehal­ten wur­den, die Mit­ar­bei­ter des Klos­ters leb­ten und ihrer Arbeit nach­gin­gen. Mit der Errich­tung der bei­den Mei­er­hö­fe ord­ne­te Prand­tau­er den Wirt­schafts­be­reich kom­plett neu. „Der Bau­meis­ter hat sich dabei unfass­bar vie­le Gedan­ken über die Raum­nut­zung gemacht, wie Plä­ne und Archi­va­li­en zei­gen. Er hat sich alle Ein­zel­hei­ten im Vor­hin­ein genau­es­tens über­legt, bei­spiels­wei­se, wie vie­le Stell­plät­ze für Pfer­de es geben soll­te, wo die Zie­gen, wo die Enten unter­ge­bracht wer­den und wo die Toi­let­ten hin­kom­men soll­ten. Prand­tau­er hat hier einen neu­en gut funk­tio­nie­ren­den Wirt­schafts­kos­mos geschaf­fen. In künst­le­ri­scher Hin­sicht ist bemer­kens­wert, dass er die bei­den Mei­er­hö­fe mit dem präch­ti­gen Eichen­por­tal mit­ein­an­der ver­bun­den und damit die Ein­fahrt in die Klos­ter­an­la­ge neu in Sze­ne gesetzt hat.“ Heu­te wie damals führt der Weg durch das Eichen­tor in den Äuße­ren Stifts­hof. Im lin­ken Mei­er­hof lädt der Klos­ter­la­den zum Stö­bern ein, an ihn schlie­ßen sich die baro­cken Fisch­kal­ter an, eine Beson­der­heit des Stifts, die immer noch genutzt wird. Der Mei­er­hof recht­erhand dient mit Wein­kel­le­rei und Stifts­schank dem Genuss der Gäste.

Stift St. Florian

Jakob Prand­tau­er war ein viel­be­schäf­tig­ter Mann, der inner­halb weni­ger Jahr­zehn­te den Bau einer Viel­zahl von Klös­tern und Pro­fan­bau­ten maß­geb­lich beein­fluss­te. Ab 1692 leb­te der aus Tirol stam­men­de Bau­meis­ter in St. Pöl­ten und brach von dort aus mehr­mals im Monat auf, um die ver­schie­de­nen Bau­stel­len zu besu­chen. Meist waren sei­ne Vor-Ort-Ein­sät­ze bereits in den Ver­trä­gen fest­ge­legt. So ver­pflich­te­te ihn bei­spiels­wei­se der noch exis­tie­ren­de Ver­trag mit dem Propst von Stift St. Flo­ri­an zu vier Bau­stel­len-Besu­chen im Jahr. Nach dem Tod sei­nes Vor­gän­gers Car­lo Anto­nio Car­lo­ne bekam Prand­tau­er den Auf­trag, den Bau fort­zu­set­zen. „Für sei­ne Arbeit war ein Jah­res­ho­no­rar von 160 Gul­den ver­ein­bart, es wur­de ihm meist bei sei­nem letz­ten Besuch im Jahr aus­be­zahlt“, so Huber­ta Weigl. „Auch die Über- bzw. Unter­schrei­tung der ver­ein­bar­ten Anzahl an Besu­chen ist im Ver­trag genau gere­gelt: Falls mehr als vier Vor-Ort-Ein­sät­ze not­wen­dig wären, soll­te Prand­tau­er 20 Gul­den Rei­se­spe­sen sowie Ver­pfle­gung für sich und sein Pferd erhal­ten. Für den Fall, dass weni­ger Besu­che not­wen­dig wären oder es Prand­tau­er nicht mög­lich wäre, anzu­rei­sen, soll­ten von sei­nem Jah­res­ge­halt 15 Gul­den abge­zo­gen wer­den.“ Zum Ver­gleich: ein ein­fa­cher Bau­ar­bei­ter ver­dien­te etwa 80 Gul­den pro Jahr, die Hälf­te von Prand­tau­ers Hono­rar. „Das Rei­sen in der Barock­zeit war mit gro­ßen Anstren­gun­gen ver­bun­den“, weiß die Kunst­his­to­ri­ke­rin. „Die Rei­se von St. Pöl­ten in das 115 Kilo­me­ter ent­fern­te St. Flo­ri­an muss zwan­zig bis 28 Stun­den in Anspruch genom­men haben und schloss zwangs­läu­fig zwei bis drei Über­nach­tun­gen ein. Des­halb besuch­te Prand­tau­er die Bau­stel­len in Ober­ös­ter­reich höchs­tens vier­mal im Jahr und ver­such­te, die Besu­che in den ein­zel­nen Klös­tern mit­ein­an­der zu kom­bi­nie­ren.“ Eine Mög­lich­keit, die Klös­ter­reich-Gäs­te heut­zu­ta­ge eben­falls ger­ne nut­zen und dabei aber wesent­lich kom­for­ta­bler und schnel­ler unter­wegs sind. So kann man von Stift St. Flo­ri­an in weni­ger als einer Stun­de Auto­fahrt Stift Lam­bach, Stift Sei­ten­stet­ten oder Stift Krems­müns­ter errei­chen und in knapp 90 Minu­ten ist man im Stift Rei­chers­berg oder Stift Schlägl (vgl. auch Kar­te auf Sei­te 26).

Die Rei­se von St. Pöl­ten in das
115 Kilo­me­ter ent­fern­te St. Flo­ri­an muss
zwan­zig bis 28 Stunden
in Anspruch genom­men haben.

160 Gul­den und vier Besu­che pro Jahr: am Stift St. Flo­ri­an arbei­te­te Prand­tau­er 18 Jah­re bis zu sei­nem Tod, Hono­rar und Rei­se­spe­sen waren im Ver­trag genau geregelt.

Stift Herzogenburg

3.600 Klaf­ter Bruch- oder Mau­er­stei­ne, 4,5 Mio. Mau­er­zie­gel, 2,1 Mio. Pflas­ter­zie­gel, 2.320 Muth Kalk – aus­führ­lich lis­te­te Jakob Prand­tau­er in einem Über­schlag die benö­tig­ten Mate­ria­li­en für den Bau des Stif­tes Her­zo­gen­burg auf. Das Klos­ter unter­schei­det sich von den ande­ren Stifts­bau­ten Prand­tau­ers, da es sich hier um einen kom­plet­ten Neu­bau han­del­te. Aller­dings war die finan­zi­el­le Situa­ti­on des Stif­tes nicht so gut wie die, ande­rer Auf­trag­ge­ber, so dass der Bau­meis­ter im Kos­ten­vor­anschlag auch ver­merk­te, der Bau sei nit khost­bar auß zu machen. „Die Her­aus­for­de­rung für Prand­tau­er bestand dar­in, eine Klos­ter­an­la­ge zu pla­nen, für die zwar nur begrenz­te Mit­tel zur Ver­fü­gung stan­den, die aber zwei­fels­oh­ne auch archi­tek­to­nisch anspruchs­voll sein soll­te“, so Huber­ta Weigl. Die­ses finan­zi­el­le Dilem­ma dürf­te auch eine Beson­der­heit in Her­zo­gen­burg erklä­ren, die man bei einem Besuch des Stif­tes nach­voll­zie­hen kann. „Die Fas­sa­den des Prä­la­ten­hofs sind sehr ein­fach gestal­tet. Wäh­rend es bei­spiels­wei­se im Mel­ker Prä­la­ten­hof vie­le ver­schie­de­ne Vari­an­ten von Fens­ter­ver­da­chun­gen gibt, u. a. geschwun­ge­ne oder drei­ecki­ge Gie­bel, sind die For­men in Her­zo­gen­burg stark sche­ma­ti­siert. Die Stan­dar­di­sie­rung der Fens­ter hat­te den Vor­teil, dass der Stein­metz nach nur einem Riss arbei­ten konnte.“

Die Rei­se von St. Pöl­ten in das 115 Kilo­me­ter ent­fern­te St. Flo­ri­an muss zwan­zig bis 28 Stun­den in Anspruch genom­men haben.

Stan­dar­di­sie­rung zur Kos­ten­er­spar­nis: bereits in der Barock­zeit ein The­ma wie der Prä­la­ten­hof von Her­zo­gen­burg zeigt.

Stift Klosterneuburg

Dass vie­le Klös­ter frü­her auch Räum­lich­kei­ten für den Kai­ser, sei­ne Fami­lie und höhe­re Beam­te bereit­hal­ten muss­ten, kann man her­vor­ra­gend bei einer Besich­ti­gung von Stift Klos­ter­neu­burg nörd­lich von Wien erfah­ren. Die mit wert­vol­len Möbeln und Gemäl­den aus­ge­stat­te­ten Kai­ser­ap­par­te­ments und der prunk­vol­le Mar­mor­saal sind heu­te Zeug­nis­se der eins­ti­gen Bedeu­tung des Stif­tes für die kai­ser­li­chen Herr­scher. Jakob Prand­tau­er ent­warf zwei Pro­jek­te für Klos­ter­neu­burg, doch erst 1730, vier Jah­re nach sei­nem Tod, wur­de der Umbau, der nicht auf die­sen Plä­nen beruh­te, gestar­tet. Geplant war eine der größ­ten baro­cken Klos­ter­an­la­gen – eine kai­ser­li­che Resi­denz, die Klos­ter und Herr­scher­pa­last nach dem Vor­bild des Escori­al in Madrid in sich ver­ei­ni­gen soll­te. Doch bereits nach zehn Jah­ren wur­de der Bau nach dem Tod Karls VI. gestoppt und nur ein klei­ner Teil der Anla­ge ist heu­te rea­li­siert. Er ist beein­dru­ckend genug, doch eine Beson­der­heit krönt den Besuch: jede Besich­ti­gung beginnt in der Sala ter­re­na, dem unvoll­ende­ten Gar­ten­saal, der im Zustand des Bau­stopps von 1740 erhal­ten geblie­ben ist. Ohne Putz und schmü­cken­de Aus­ge­stal­tung sieht man die blan­ken rie­si­gen Stein­qua­der, zusam­men­ge­fügt zu einem über­di­men­sio­na­len per­fek­ten Raum. Augen­blick­lich ist man drei Jahr­hun­der­te zurück­ver­setzt und kann ein wenig erah­nen, wie eine baro­cke Bau­stel­le zur­zeit Jakob Prand­tau­ers aus­ge­se­hen haben mag.