
Persönlich
Überraschungen garantiert
Dank des Forscherdrangs und der Sammelleidenschaft der Mönche, birgt das Stift Kremsmünster eine Fülle an außergewöhnlichen Exponaten – vom Elefantenstuhl über Dinosaurierskelette bis zu einer Mumie.
Das Staunen beginnt noch vor der Ankunft. Wer vom Bahnhof zu Fuß den kleinen Hügel zum Stift Kremsmünster hochkommt, wird einige Male überrascht. Das erste Gebäude, das man passiert, ist ein orientalisch wirkender Gartenpavillon, von dessen geschwungener Kuppel ein Halbmond blinkt. Der Weg durch den Garten führt geradewegs auf den mathematischen Turm, die Sternwarte zu, in der die Patres einst in einem schmalen Gang den Sternenhimmel beobachteten. Fröhlich grüßende Schülergruppen begegnen den Besuchern beim Queren des ausgedehnten Sportplatzes. Entlang des Wassergrabens erinnern im Arkadengang des Stiftsgymnasiums Tafeln an zahlreiche hochrangige Persönlichkeiten. Berühmtheiten wie der Schriftsteller Adalbert Stifter oder der Pionier der Unfallchirurgie, Anton von Eiselsberg, absolvierten die Schule, die zu den ältesten in Österreich zählt.
Der Wassergraben ist der Rest des ehemaligen Wehrgrabens rund um das Stift Kremsmünster, über den früher sogar eine Zugbrücke führte. Heute spiegelt sich in ihm die Fassade des Klosters und schwimmende Blumenbeete sorgen für blühende Farbtupfer. Wasser plätschert und kühlt auch im barocken Fischkalter, der neben dem Klosterladen zur Besichtigung einlädt. In den fünf von Arkadengängen umgebenen und von Wasserspeiern bewachten Becken tummeln sich Fische in den verschiedensten Größen. Gäste, die sich für den Klosteralltag interessieren, sollten einen Stopp im interaktiven Raum im Klosterladen einplanen, in dem kurze Filmbeiträge Fragen zum Leben der Benediktinermönche beantworten. Eine ideale Einstimmung vor einer Führung durch das Stift, auf der der Kaisersaal, die Kunstsammlungen, die Wunder- und Schatzkammer, die Bibliothek und die Stiftskirche erkundet werden. Letztere ist das älteste Gebäude der Anlage, doch man sieht ihr die mittelalterliche Herkunft nicht mehr an, da die Kirche eine barocke Fassade erhalten hat. Derzeit wird die Kirche generalsaniert und soll 2027 in neuem Glanz erstrahlen.
Historischer Schatz
Beim Rundgang entdeckt man unter den Skulpturen und Gemälden aus sechs Jahrhunderten viele Besonderheiten – beispielsweise wertvolle Kunstwerke wie das Gemälde der „Vier Elemente“ von Jan Brueghel d. Ä. oder Außergewöhnliches wie einen Stuhl aus dem 16. Jahrhundert, der aus den Knochen des ersten Elefanten in Österreich gemacht wurde. Aus der Gründungszeit des Stiftes stammt einer der Höhepunkte der Sammlung: der Tassilo-Liutpirc-Kelch – um 780 entstanden, steckt der Schatz voller Rätsel und Details. „Das Grundmaterial ist Kupfer und es ist ein Wunder, das er niemals eingeschmolzen wurde“, erzählt Pater Anselm. „Gestiftet wurde der Kelch vom Bayernherzog Tassilo III., dem Gründer unseres Klosters. Ursprünglich war er vermutlich für den Salzburger Dom vorgesehen, kam dann aber nach Kremsmünster und ist geblieben.“ Ob Durchmesser, die in Relation zueinander, bestimmte Muster zeigen, oder die Inschriften, die anders gelesen, unterschiedliche Begriffe und Zahlen ergeben – der Kelch offenbart so viele spannende Geheimnisse, dass ein Forscherteam jahrelang damit beschäftigt war, diese zu entschlüsseln. Die Ergebnisse wurden 2019 in einem Buch veröffentlicht. „Wir verwenden den Kelch, wenn wir den Stiftertag feiern und den Abt wählen, dann dient er als Wahlurne“, so Pater Anselm. „Es ist ein ganz besonderes Gefühl, ihn in den Händen zu halten.“
Kosmos im Kleinen
Eine Führung durch die Sternwarte bietet ebenfalls zahlreiche Aha-Momente. Elf Meter unter- und 49 Meter oberirdisch war der Turm bei seiner Erbauung Mitte des 18. Jahrhunderts das höchste Gebäude der Gegend und wurde von der Bevölkerung entsprechend skeptisch betrachtet. Die Mönche beobachteten hier Himmelsphänomene und protokollierten im Wetterkammerl die Werte. Die Mess-Station ist seit 1762 durchgängig in Betrieb und für die Klimaforschung heute von großer Bedeutung.
Gäste fühlen sich in der Sternwarte wie Forschungs- und Zeitreisende zugleich, von Etage zu Etage öffnet sich die spektakuläre Welt der Naturwissenschaften mit einer Fülle von überraschenden Exponaten. In den verschiedenen Cabinetten begegnen ihnen versteinerte Tintenfische, ein Fischsaurier, dessen Mageninhalt noch sichtbar ist, und das Skelett eines Höhlenbärs, der vor langer Zeit in der Region lebte. Einmal die größten Diamanten der Welt zusammen sehen – Kopien der edlen Steine im mineralogischen Cabinett ermöglichen es. Zwei Stockwerke höher warten Tiere aus der ganzen Welt auf die Besucher. Venusfiguren aus der Altsteinzeit sind ebenso zu bewundern wie eine Mumie aus Ägypten, die ehemalige Schüler dem Stift einst als Geschenk von ihrer Studienreise mitbrachten. Viele Ausstellungsstücke wurden früher als Schauobjekte in der Schule genutzt, wie beispielsweise ein Elektrifizier-Gerät, mit dem man Strom erzeugen konnte. Gar nicht so weit von unserer heutigen Zeit entfernt, sind historische Stücke wie ein Schrittzähler aus dem Jahr 1690 oder ein Wechselring. Bei dem auf 1790 datierten Schmuckstück konnte die Trägerin je nach Lust und Laune den Stein in der Fassung ändern. Ob Musikautomaten, die ersten Fotoapparate, Morsegeräte oder der berühmte Kepler-Sextant, mit dem der Gelehrte den Himmel vermessen hat – bis man die grandiose Aussichtsplattform ganz oben im Turm erreicht, gibt es jede Menge Staunenswertes.
STIFT KREMSMÜNSTER ENTDECKEN
Führungen
Am Mittwoch, Freitag und am Wochenende finden zweimal täglich Führungen durch das Stift statt. Keine Führungen rund um Weihnachten, den Jahreswechsel und von Mitte Januar bis Mitte März.
Führungen durch die Sternwarte gibt es vom 1. Mai bis 31. Oktober zweimal täglich am Mittwoch, Freitag und am Wochenende.
Führungen um 10.30 und 14 Uhr (ab 4 Personen), Teilnehmende werden gebeten, sich anzumelden,
www.stift-kremsmuenster.at.
Klosterladen
Geöffnet von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 12 Uhr und von 12.30 bis 16.30 Uhr. Um Weihnachten, den Jahreswechsel und von Mitte Januar bis Mitte März geschlossen. Zugang (ohne Führung) zum Fischkalter und zum interaktiven „Erlebnis Kloster“.
Weinkellerei
Die Weiß- und Rotweine können vor Ort verkostet und auch online bestellt werden.
Stiftsgärtnerei
Neben Pflanzen, Gemüse und Sämereien gibt es regionale Köstlichkeiten sowie die Stiftsprodukte Honig, Wein und Fisch.
Weitere Infos unter
www.stift-kremsmuenster.at



